Homefront

Game Reviews Last Gen (PS3, Xbox 360, Wii U)
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John Milius ist bei den älteren Semstern hier wohl kein unbeschriebenes Blatt. So hat man diesem leicht republikanisch angehauchten Waffennarr ein paar sehr feine aber auch fragwürdige Filme zu verdanken, die bis heute einen gewissen Kultstatus erlangen konnten. Im Jahre 1984 drehte John Milius einen kleinen patriotisch/politischen Film über die Invasion des gefürchteten Kommunismus unter der Knute gleich dreier damals verhassten Feindbildern; die damalige Sowjetunion, Cuba sowie Nicaragua.

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Eine Gruppe von Teenagern, die sich unter dem Namen Wolverines als Guerilla Resitance gebildet haben, versuchen diesen Feinden auf gut patriotische Manier, die geballte US and A Power aufzubringen. Das Resultat, zumindest in Deutschland war dann auch 1984 dementsprechend düster, denn „Die rote Flut (Red Dawn“ wurde bei uns indiziert und diese Indizierung erst im Jahre 2001 aufgehoben. Nun befinden wir uns 27 Jahre nach Red Dawn; Cuba ist ein schönes Reiseziel, Russland erfreut sich des gnadenlosen Konsums und Nicaragua erfreut sich zahlreicher positiver Reformen. Also was kann man tun um dem alten Affen Angst Zucker zu geben? Richtig, wir lassen die Nordkoreaner die USA attackieren. Willkommen bei Homefront.

2012 Kim Yong Ill stirbt, sein Sohn ein nicht minder machthungriger Despot sieht sich dazu berufen, Nordkorea zu einer gefürchteten Militärstreitmacht aufblühen zu lassen. Dieser Entwicklungsprozess gipfelt im Jahre 2027 mit einem erfolgreichen Angriff auf die Vereinigten Staaten, die Nordkorea nichts entgegenzusetzen haben, da Querelen und innere Zerstrittenheit der Regierung zu einer Destabilisierung des Dollar Raums geführt haben. So weit so düster. Wäre da nicht ein bunter Zusammenschluss aus Menschen wie Du und Ich, die sich das sadistische und menschenverachtende Schauspiel der Invasoren nicht länger ansehen möchten.

John Milius, der für das Script von Homefront verantwortlich ist, zaubert hier entgegen aller Erwartungen kein wirklich kitschiges Hurra America Szenario. Ganz im Gegenteil, während man bei Call of Duty permanent das Gefühl hat in einem Michael Bay US Army Commercial mitzuspielen, setzt Homefront hier auf drastische aber dennoch emotionale Erzählweise, die teilweise für arge Magenprobleme und innere Konflikte bei den Spielern sorgen wird. Die Story legt sehr viel Wert auf Charakterdarstellung und die Sinnlosigkeit des Krieges. Man kann Homefront sehr wohl als ein Anti-Krieg Kriegspiel ansehen. Dies würde auch erklären, warum dieses teilweise doch recht verstörende Machwerk, mit einem USK 18 Siegel ungekürzt in Deutschland erscheinen kann.

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Gleich zu Beginn erhält man als Spieler einen Einblick über reale Tatsachen, die in Kriegen fast die Tagesordnung darstellen. Man sieht Kinder, deren Eltern vor ihren Augen erschossen werden, Massengräber, bei denen man sich unter Leichen verstecken muss oder aber Einrichtungen die an Konzentrationslager erinnern. Man vergleiche dazu einmal ein Call of Duty, welches hier mit Slow Motion Animationen und epischer Kaufhausmusik dem Krieg den Schrecken nimmt und als Selbstverständlichkeit präsentiert. Bei Homefront wirkt es geradezu verrückt, dass ausgerechnet der Mangel an abgeschossenen Körperteilen, sowie das dezente Einsetzen von Blut als Treffersignal, weitaus härter auf hartgesottene Spieler wirkt, als vergleichsweise bei anderen Shootern.

Ich hatte streckenweise das arge Verlangen, mich mit Feinden gar nicht mehr auseinander zu setzen und einfach nur zu verschwinden. Was in diesem Fall ein positives Zeichen ist und mich an den Film John Rambo erinnert, bei dem ich die Gewalt ebenfalls nie als toll oder super, sondern als traurig wahrgenommen habe. Und bevor die Frage entsteht, nein ich bin den roten Geleespielen in keinster Weise abgeneigt.

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Dies ist allerdings nur die Spitze des Eisberges, denn im Laufe des Spiels trifft man sprichwörtlich auf einen sehr eindringlichen Wendepunkt, der einem vollständig das Weltbild und die bisherige Empfindung über Feindbilder durcheinander bringt. Ich würde ungern spoilern, aber es sei soviel gesagt, nicht immer ist der Feind der Feind, sondern der eigentliche Freund (im übertragenen Sinne) wird zum noch abartigeren Antagonisten. Dadurch wird der charakterliche Entwicklungsprozess sehr glaubwürdig dargestellt, denn sämtliche „Helden“ durchlaufen einen gewissen Reifeprozess, der sämtliche klinischen Stadien der Verzweiflung darstellt. Zu Beginn herrscht der gewisse Abenteuerdrang, Ressourcen und Waffen zu beschaffen, der wenig später durch Empathie für den Feind „Shoot them, nobody deserves to die like this“ und am Ende in differenzierten Hass „……Kill em all…..“ umschlägt.

Optisch, wie bereits erwähnt haut Homefront, auch Budgetbedingt, nicht in die Hollywood-Yeeha-Motherfuckers Kerbe sondern liefert dramaturgisches Anti-Kriegs Flair. In bestimmten Abschnitten steuert man zwar einen Helikopter und muss einen Tanklastzug beschützen, allerdings wirkt dies sehr real wie in den bekannten Aufnahmen aus Kriegsgebieten, bei denen Autos nicht in einem meterhohen Feuerwerk in die Luft fliegen, sondern einfach nur mehr oder weniger ausbrennen. Hier merkt man den leichten 80er Charme, denn die anschliessende Jagd über Brücken und Strassen, die am Ende in einem Serpentinen-Krimi endet, erinnert geradezu an das Cheesy 80er Action Kino.

Leider ist diese Story wieder einmal „Alle zusammen“ VIEL ZU KURZ. Mit 5 Stunden maximalem Einsatz sind Spieler als Resistance Fighter dabei, dann flimmert auch schon der Credit Bildschirm. Daher schwenken wir unser Augenmerk auf den nicht mehr wegzudenkenden Multiplayer Modus. Dieser ist leider ebenfalls, abgesehen von den bis zu 16 Spielern auf einer Karte, nichts weltbewegendes, da es wieder Deathmatch gibt sowie kleine Missionen in Multiplayer Sessions, wo man per Kill Streak bestimmte Boni auswählen kann. Leider haben wir zu Beginn festgestellt, dass die Server den teilweise anstürmenden Massen an Spielern nicht gewachsen waren und in die Knie gegangen sind.

Homefront, ein wirkliches Anti-Kriegsspiel.

Chefredakteur mit einem Faible für Achievements. Mittlerweile Bartträger und begeisterter Science Fiction Leser